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Wie kommt elektrischer Strom zum Verbraucher?

Strom kommt aus der Steckdose. Sicher? Nein! Im Folgenden sehen Sie einen Beitrag zum Thema Stromerzeugung, Kraftwerke und Energie-Transport.

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Der weite Weg vom Energieträger bis zur Steckdose. Die Texte und Bilder entstanden auf den Reisen von Matthias Tafelmeyer ab 2008 innerhalb Deutschland zu Kunden und Auftraggebern. Ein großer Teil der vorhandenen Bilder ist leider noch nicht freigegeben. An einem Teil meiner Eindrücke möchte ich Sie nun teilhaben lassen.

Das Themen Energie, Kraftwerk und Netzkapazität werden in diesen Tagen immer wichtiger. Woher kommt der Strom? Wie wird er erzeugt? Und was steckt dahinter?

Wie kommt der Strom zu mir nach Hause?

Um Energie zu erzeugen benötigt man einen Energieträger. Noch vor wenigen Jahrzehnten waren Holz, Wasser und Wind die Hauptenergieerzeuger in vielen Haushalten. Heute übernehmen zentrale Großkraftwerke die Aufgabe der Energieerzeugung. Die Folge war einerseits jederzeit verfügbare und billige Energie. Ein großer Nachteil ist aber, dass viele sich kaum mehr Gedanken über den enormen Aufwand für die Erzeugung machen.

Oder anders gesagt:
Beim Holz hacken hat man gemerkt, dass es anstrengend ist. Wenn man heute einen Heizlüfter an die Steckdose hängt, dann erfolgt dies jedoch für den Anwender völlig stressfrei und es wird schnell warm…
Bei aktuell in Großkraftwerken erzeugter Energie juckt es allerdings keinen
wenn über 50% der eingesetzten Energieträger (Kohle, Öl,…) als Verluste verworfen werden. Ich finde es ist Zeit über effiziente und intelligente Erzeugung und Nutzung nachzudenken.

1) Kraftwerke

Um elektrische Energie zu erzeugen wird ein Generator benötigt. Heutzutage wird elektrische Energie meist (noch) in Großkraftwerken erzeugt.
Aufgrund der fehlenden Netzkapazitäten und der zunehmenden Zahl an Kleinkraftwerken gewinnt die dezentrale Energiegewinnung jedoch wieder stark an Bedeutung.

1.1) Kohle-Kraftwerk

Kohlekraftwert Quierschied-Göttelborn, Saarland 2011

Es handelt sich in Quierschied um ein Stein-Kohlekraftwerk mit einer Leistung von 680MW. Dieses Bild entstand im Sommer 2011, während das Kraftwerk in Revision war. Der Nebel stammt also nicht vom Dampf sondern einfach von schlechtem Wetter;-). Von diesen Kohle-Kraftwerken gibt es sehr viele in Deutschland, Europa und auf der Welt. China baut zum Beispiel derzeit zahlreiche Kohlekraftwerke um seinen Energiebedarf zu decken.
Praktisch an einem Kohlekraftwerk ist, dass es relativ einfach und günstig zu betreiben ist. Fein zermahlene und dann verheizte Kohle heizt Wasser auf, welches dann Turbinen antreibt, die Strom erzeugen. Klingt einfach – und das ist es im Endeffekt auch. Das führt zu einem günstigem Strompreis. Die Filteranlagen dieser Kraftwerke sind inwzischen enorm leistungsfähig, was zu besserer Luft führt.

Schade finde ich, dass ein übliches, deutsches Kohlekraftwerk im Schnitt unter 35% bis 45% Wirkungsgrad hat. Dies bedeutet, dass von 1.000g (1kg) Kohle über 600g nicht genutzt werden und als Abwärme aus dem Schornstein verdampfen. Nur wenige Kohlekraftwerke nutzen diese Abwärme sinnvoll. Noch schlechter sind Kohlekraftwerke in China. Dort verpuffen teils über 70% sinnlos über den Schornstein.

Aber weg von China. Wir Deutschen steigern die Ineffizienz eines Kohlakraftwerks auch ganz fleißig:

hiesige Kohlebergwerke werden stillgelegt
die Kohle wird nun oft aus Russland oder Australien per Schiff imporiert
dannwird diese aufwändig aufbereitet und mit Gasbefeuerung getrocknet
und erst danach mit geringem Wirkungsgrad verbrannt

Das versteht weder der Bergmann noch der Kraftwerksmeister – ist aber Fakt!

Und wie sieht es mit der Gewinnung des Brennstoffes aus?

Kohleabbau und seine Folgen:

Bild Abraumhalde Bergwerk Quierschied Göttelborn 2011

Was erst nach Natur ausssieht entpuppt sich bei genauer Betrachtung als gigantische Abraumhalde eines Kohle-Bergbaus. Für die Gewinnung von Kohle muss erst Natur zerstört werden. Wenn es nach dem Ende des Abbaus zur Renaturierung kommt ist es zwar schön, aber viele ehemalige Kohle-Abbauten bleiben verwahrloste oder zerstörte Landschaften. Das darf man bei Kohlekraft nicht vergessen.
Das Bild oben ist kein Tagebau. Nein. So sieht Abraum eines stillgelegten Bergbaus aus.

1.2) Atom-Kraftwerk

Kernkraftwerk Neckarwestheim, nähe Stuttgart, Sommer 2011

Unauffällig und gut in die Landschaft integriert.

Atomkraft ist eine – relativ – junge Technik. In recht wilden Experimenten und durch Atomwaffentests erforscht man seit über einem halben Jahrhundert die gigantische Kraft und kommerzielle Verwertbarkeit von Atomenergie. Die Vorteile wurden zu Beginn hoch gelobt: Keine Abgase, kein Lärm und supergünstig zu erzeugen. Klar – es ist schon impossant, wenn so ein Kraftwerk mal ohne großen Stress 1.000 MegaWatt Leistung in das Strom-Netz liefert. Aber heute weiß man, dass Atomkraft keineswegs für billigen Strom zu gebrauchen ist. Wenn alle Kosten eingerechnet würden, die für den Bau, Betrieb, die Entsorgung des Mülls und den Rückbau eines Atom-Kraftwerks anfallen, dann wäre Atomstrom unbezahlbar. Da jedoch Polizei-Einsätze beim Castor-Transporten, die Schäden an der Natur beim Uranabbau, Stör- und Zwischenfälle, Forschung, Kraftwerksrückbauten und Endlagerprojekte meist vom Steuerzahler berappt werden, fällt es gar nicht weiter auf, welchen Preis wir eigentlich für Atom-Energie zahlen…

1.3) Regenerative Energien
Wie erzeugt man aus nachwachsenden Rohstoffen sauberen Strom? Wie nutzt man Sonne, Wasser und Wind? Mit diesen Fragen beschäftigen sich die regenerativen Energien.

1.3.1) Solar-Energie, Photovoltaik
Aus Sonne wird Strom. Im Prinzip eine einfache Geschichte. Durch fallende Preise für Solarzellen und inzwischen bewährte Technik wird die Solar-Energie zunehmend günstiger. Etwas problematisch ist der große Flächenverbrauch.

Teilansicht Photovoltaik-Anlage, Bayern, Ammerndorf Winter 2012, Leistung 2,7MWp

Übliche Solarzellen haben aktuell noch einen Wirkungsgrad von unter 20%. Dies bedeutet, dass für übliche Solar-Kraftwerkgrößen im Bereich von 1MW bis 10MW sehr viel Fläche zugebaut werden muss. Besserung verspricht die schnelle Weiterentwicklung der Solarzellen. Jeder Prozentpunkt mehr an Wirkungsgrad bedeutet weniger Kosten und weniger Flächenverbrauch.

2) Energie-Transport

Strom kann nicht fliegen. Strom braucht Wege. Diese Wege nennen wir Strom-Leitung. Damit leiten wir den Strom dahin wo wir in brauchen. Viel Strom braucht viel Platz und daher dicke Leitungen. Deshalb wurde und wird weltweit an einem immer genialeren und komplexeren Energie-Netz gebaut. Ein intelligentes und effizientes Leitungsnetz ist mit einer der Schlüssel zur Energie-Zukunft.

2.1) Transformation
Die im Kraftwerk erzeugte Energie wird in einem Umspannwerk auf Hochspannung gebracht. Erst dann kann Strom und Energie wirtschaftlich mit relativ wenig Verlusten transportiert werden. Bei der Transformation entstehen zwar ebenfalls Verluste. Diese sind aber weit geringer als wenn der Strom einfach so – ohne Transformation – auf die Reise geschickt werden würde.

2.2) Leitungsnetze

380kV-Leitung Nähe Umspannwerk Raitersaich, Bayern, Winter 2009

Was beim Menschen die Adern und im Verkehr die Straßen sind, dass sind beim Stromtransport die Leitungen und Leitungsnetze. Nieder- und Mittelspannungsnetze kann man mit einer Stadt- und Landstraße vergleichen. Hochspannungs-Leitungen sind vergleichbar mit Autobahnen oder Schnellstraßen für Strom. Je mehr Leitungen zur Verfügung stehen und je intelligenter diese Leitungen untereinander vernetzt und geschaltet werden, desto effizienter kann die erzeugte Energie transportiert werden.

2.3) Verteiler und Umspannwerke

Stromtraverse 3 Phasen, Umspannwerk Raitersaich 2008

Hier werden die Leitungsnetze untereinander verschaltet und vernetzt. Vereinfacht kann man es sich diese Umspannwerke als Verschiebebahnhof für Strom vorstellen. Besonders bei großen Umspannwerken muss ich einfach sagen: Respeckt! Wer bei dem Leitungsgewimmel durchblickt, der muss schon einiges auf dem Kasten haben.

2.4) Rücktransformation
Wenn man die Hoch- und Höchstspannungsleitungen als Autobahn bezeichnet, dann sind Ortsnetze eher Land- oder Ortsstraßen. Um von der Hochspannungs-Autobahn auf die Niederspannungs-Straße zu kommen, benötigt man wieder ein kleines Umspannwerk. In kleinen Orten ist dies ein kleines, viereckiges Häuschen, das einfach als Trafo-Häuschen bezeichnet wird.

Klassisches Transformatorhäuschen, Mittelspannung auf Ortsnetz, Ammerndorf, 2009

In Mittel- oder Niederspannungsnetzen entstehen viele Transportverluste. Deshalb muss man die Leitungslängen in diesen Netzen so kurz wie möglich halten und die Trafo-Station so nah an den Ort setzen wie es geht. Der Vorteil von Niederspannung ist, dass Kleinverbraucher, wie Haushalte und kleine Betriebe diesen Strom leicht verarbeiten und nutzen können.

2.5) Netzverluste
Bei der Transformation (Umspannung) und auf den Netzleitungen kommt es zu Energieverlust. Alle Energieversorger müssten nach §10 StromNEV Abs. 2 genaue Bilanz führen, wie viel Energie bei der Übertragung verlogen geht. Laut meinen Recherchen beträgt der durchschnittliche Verlust auf unseren Netzten zwischen 7% und 8% der transportierten Energie.

3.) Wirkungsgrad gesamt

Nun hat unser Strom einen weiten Weg und viele Anstrengungen hinter sich.
Aber wie effizient war die Erzeugung und die Reise?
Bei den Strecken und den Verlusten?
Ich habe es hier mal grob für Sie zusammengerechnet:

3.1) Annahme 1 – Kohlestrom:
Die Energie stammt aus 100% Braunkohlestrom

Wir nehmen 1kg Kohle.
Wirkungsgrad Kohlekraftwerk Durchschnitt: 38%
-> nur 380g Kohle werden zu Strom

Davon notwendige Energie für Kohleförderung 3%
-> 368g Kohle können ins Netz eingespeist werden

Netzverluste bei Energietransport 7,5%
-> Die Energie von 341g Kohle kommt effektiv an der Steckdose an

Wirkungsgrad aus Annahme 1 gesamt: 34,1%
Dies bedeutet: von 1000g Kohle sind 659g irgendwo verpufft.
Aber wir haben für volle 1.000g Kohle CO2 in die Luft gestellt. Macht das Sinn?

Wenn man nun bedenkt, dass der Strom in Deutschland trotz aller Bemühungen noch immer zu fast 50% aus Kohlekraft stammt – da wird man nachdenklich.

Alternativen:
Am effizientesten sind dezentrale Kleinkraftwerke.
So hat ein Blockheizkraftwerk (= BHKW) mit Kraftwärmekopplung ( = KWK ) einen Wirkungsgrad von ca. 90%. Bei einem BHKW mit KWK wird sowohl die elektrische als auch die thermische Energie genutzt. Sprich: Ein Generator erzeugt aus Gas oder Öl elektrischen Strom. Mit der Abwärme wird Warmwasser für Heizung und Bad erzeugt.
Solche Anlagen sind übrigens sogar für Privathaushalte sehr interessant geworden.
Zum einen werden BHKWs staatlich gefördert und man ist unabhängig von Großkonzernen. Zum anderen nutzt man Energie enorm effizient. Und zum dritten spart man sich die ganzen Leitungsverluste.

Fazit

Es ist schon erstaunlich, wie viel Aufwand notwendig ist, damit an der Steckdose immer Strom vorhanden ist. Dennoch wird dieser verlustreich erzeugte Strom oft achtlos in StandBy-Verbrauchern oder alten Kühlschränken verschleudert.

Meines Erachtens liegt unsere Energie-Zukunft in

  • effizienteren Leitungsnetzten
  • effizienteren und flexiblen Großkraftwerken
  • in intelligent gesteuerten, dezentralen Kleinkraftwerken (Gas, Solar, Wind, Wasser)
  • im effizienten Verbrauch (weg mit alten Energiefressern)
  • und intelligent gesteuerten Spitzenlasten (z.B. Waschmaschine an bei Energieüberangebot)

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