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Geheimer Lostplace: Die ESOC Bodenstation Michelstadt

Ziemlich versteckt im Odenwald befindet sich die ehemalige ESOC Bodenstation Michelstadt. Sie liegt in einem ländlichen Tal in Hessen. Als Medizintechniker bin ich oft unterwegs. Bereits mit 9 Jahren habe ich meinen ersten Radio-Empfänger selbst gebaut. Um heutige Technik zu begreifen hilft der Blick auf ihre Geschichte. Im August 2023 machte ich mich zum Feierabend auf die Suche und fand diesen verlassenen Ort. Sowohl die technischen Hintergründe als auch die Dimensionen der Anlage finde ich beeindruckend. Am Ende dieses Beitrags finden Sie dazu mein Video.

Bild Hauptgebäude ESOC Bodenstation Michelstadt
Das Hauptgebäude der ESOC Bodenstation Michelstadt ist von Vandalismus gezeichnet.

Hier ein Blick auf die Gebäude für Verwaltung und Technik. Der Zutritt in die Gebäude ist seit dem Jahr 2022 explizit verboten. Die Eingänge werden mit Kameras überwacht. Dahinter befinden sich Gebäude für die allgemeine Stromversorgung und die Notstromstromversorgung. Dort stand laut Recherche ein kräftiger Dieselgenerator mit 12 Zylindern bereit für Netzausfall.

Bild Bodenstation von Einfahrt aus
Die Anlage ist im Tal und durch Bewaldung teils schwer zu sehen.

Diese Bodenstation wurde Anfang der 1970er Jahre erbaut und unterstand der europäischen Weltraumbehörde, die heute als ESA bekannt ist. Mission der Anlage war ab 1976 der Empfang und die Kontrolle der ersten geostationären Satelliten.

Hoher technischer Aufwand in den 70er Jahren

Erste Mission der Anlage war der Empfang und die Kontrolle der GEOS-Satelliten. Die frühen Satelliten der GEOS-Serie erforschten die geomagnetischen Felder der Erde aus Blickrichtung Weltall. Für den Empfang wurden Funkfrequenzen im S-Band verwendet. Diese liegen im Bereich von ca. 2GHz bis 4GHz. Damals war die notwendige SHF-Technik dazu höchst aufwändig, teuer und kompliziert. Diese Anlage aus den 70er Jahren zeigt, welch finanzieller und materieller Aufwand anfangs dahinter steckte. Der Bedarf an Platz und Energie für technisches Gerät muss enorm gewesen sein. Heute nutzen wir Frequenzen im Gigaherzbereich fast selbstverständlich für WLAN, Internet und Videotelefonie.

Uplink und Datenverbindung

Die Kontrolle der Satelliten erfolgte vermutlich per uplink im VHF-Bereich. Und zum Datenaustausch zwischen der Bodenstation und dem nahegelegemen Satellitenkontrollzentrum in Darmstadt wurde anfangs eine Drahtleitung genutzt. Was man dabei heute leicht vergisst: In den 1970er Jahren war an schnelle Datenübertragung nicht zu denken. Sowohl Telefonie als auch Fernsehen waren analog. Ebenso war die Leistungs- und Funktechnik auf einem ganz anderen Niveau. Noch lange nutze man dort klassische Röhrentechnik. Die Anlagen waren entsprechend groß, wartungsintensiv und hungrig nach Energie.

Mein Video zum verlassenen Ort: Die Bodenstation zur Satellitenkontrolle im hessischen Odenwald, August 2023.

Mission Meteosat und vorläufiges Ende

Später unterstützte diese Bodenstation die Kontrolle der Meteosat Wettersatelliten. Bis die Anlage schließlich ab Mitte der 1990er Jahre schrittweise außer Betrieb ging. Und ihre Aufgaben von anderen Stationen übernommen wurden. Zugleich berichten lokale Medien, dass dieses Gelände ab 2024 weiter genutzt werden soll. Konkret wird derzeit (Stand 2023) über eine weitere, zivile Nutzung nachgedacht. In Planung ist eine Symbiose der alten Gebäude und Anlagen mit Kultur, Technik und der umgebenden Natur.

Weiterführende links

https://de.wikipedia.org/wiki/ESOC-Bodenstation_Michelstadt

https://www.esa.int/

https://www.geschichtsspuren.de/forum/viewtopic.php?t=12290

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