
Am 18. und 19. September 2024 fand in Gelsenkirchen die sechste Fachmesse und Fachtagung für Krankenhaus Technik statt. Die Veranstaltung wird gemeinsam durch FKT, WGKT, AmitandO und FBMT veranstaltet. Ein sehenswertes Event für Alle, die im Krankenhaus mit Technik zu tun haben. Im Beitrag finden Sie zwei Videos zur Veranstaltung.
Gleich zu Beginn kam ich mit Mitgliedern des fbmt ins Gespräch. Und es wurde bedauert, dass viele Interessenten und Mitglieder aufgrund knapper Kassen in den Kliniken die Reise nach Gelsenkirchen nicht antreten. Dennoch war die Veranstaltung über beide Tage sehr gut besucht. Nach meinem Eindruck sogar noch besser als vor zwei Jahren. Bei zahlreichen Ständen und Vorträgen waren Umweltschutz, Sicherheit, neue Technologien und Bewährtes große Themen. Somit muss ich sagen: Sorry, Freunde: Wer nicht da war, der hat was verpasst.

Wie kann man Haftungsrisiken in der Betriebs- und Medizintechnik reduzieren?
Mit diesem ersten Vortrag der Firma CoSolvia aus Hasbergen startete die Vortragsreihe. Klar strukturiert zeigten die Referenten Wege zur Reduktion von Risiken. Dies erfolgt durch faktenbasierte Analyse der bestehenden Prozesse, sowie deren Delegation und Kontrolle. Interessant waren dazu harte Fakten durch Auswertungen und Diagramme. Und es ist erstaunlich, wie eine gute, digitale Geräteverwaltung mit geeigneter Software zu sicheren Prozessen beitragen kann.
Speziell die Diskrepanz zwischen gefühlter und reeller Einweisungsquote erregte bei den Zuhörern Aufmerksamkeit. Ebenso Gehör fand der Vorschlag, bei Einweisungen die Hersteller und den Einkauf mit einzubinden. Ein guter Rat war, neben dem Ist-Zustand auch den Fortschritt des Prozesses datengestützt zu begleiten. Und wichtig hierbei sowohl Kommunikation als auch Verstetigung sind.
Im Nachgespräch berichteten sogar Teilnehmer mit Berufserfahrung, dass Sie hier endlich einen klaren Leitfaden gelernt haben um Haftungsrisiken in der Betriebs- und Medizintechnik mit einer klaren Strategie zu reduzieren.
Parallel zu diesem Vortrag lief die Jahreshauptversammlung des WGKT. Dazu mehr im nächsten Absatz.

Jahreshauptversammlung der FKT Fachvereinigung Krankenhaustechnik
Sichtbar stolz und erleichtert gaben dann Cord Brüning (WGKT) und Horst Träger (FKT) Einblick in die Fusion. Denn dazu waren unzählige Gespräche und mehrere Monate Vorarbeit notwendig. Auch dank der notariellen und anwaltlichen Unterstützung konnten die stimmberechtigten Mitglieder des FKT guten Gewissens der Fusion zustimmen. Zuvor hatten sich in der Versammlung des WGKT bereits deren Mitglieder für eine Fusion ausgesprochen. Unter anderem gab Horst Träger Einblick in die Historie der beiden Gemeinschaften. Und demnach war die Fusion nur logisch und richtig. Zugleich wurde die neue Zusammenarbeit mit der Fachzeitschrift „Der Facilitymanager“ bekannt gegeben. Hierzu war deren Chefredakteur Robert Altmannshofer persönlich anwesend. Es folgten gemäß Protokoll die Kassenprüfung nebst Entlastung. Ebenso gab der Notar Einblick in den Prozess der Verschmelzung. Auch Dr. Mandana Banedj-Schafii erhielt die Möglichkeit der Vorstellung.

Klimaschutz im Krankenhaus
Danach stellten Burkhard Fischer von der Krankenhausgesellschaft NRW und Felix Bittner von der Deutschen Allianz Klimawandel Ihren Kurs vor.
Sie verwiesen auf Herausforderungen und stark steigende Anforderungen beim Klimaschutz im Gesundheitswesen. Nach meinem Empfinden liegt der strategische Fokus übergeordnet zu sehr in einem System der Bestrafung. Die schiere Menge an Verordnungen und Sanktionen bei Verstößen haben mich überfordert. Auch weitere Zuhörer beteiligten sich nach dem Vortrag an einer regen und respektvollen Diskussion. Unter anderem wurde von politischer Polarisierung dieses wichtigen Themas berichtet. Wozu eine Teilnehmerin riet, sich auf die Ziele und Aufgaben zu konzentrieren unter Ausblendung politischer Debatten. Ebenso kam aus dem Zuhörerbereich die Frage, wer denn die ganzen Aufgaben und Maßnahmen in Zeiten leerer Kassen bezahlen soll. Hier kam als Gegenargument, dass das Land NRW hierzu gute Ansätze liefert. Leider stehen auf Bundesebene klare finanzielle Leitplanken noch aus. Ein erfahrener Zuhörer mahnte die Dringlichkeit zur Handlung an. Denn die Veränderungen durch menschengemachte Eingriffe sind ihmnach offensichtlich.
Klar wurde, dass wir im Gesundheitswesen Einigkeit und Finanzierbarkeit brauchen, im nachhaltig zu handeln.
Aussteller berichten von hoher Qualität
Gute Rückmeldungen erhielt ich in Gelsenkirchen von ca. 85 Ausstellern. Gelobt wurde die hohe Qualität bei Besuchern und Gesprächen. Von Vorteil ist demnach, dass viele Besucher der Fachmesse sowohl Wissens- als auch Entscheidungsträger sind. Im Gegensatz zu den Leitmessen sind die Stände in Gelsenkirchen sehr einfach gestaltet mit Fokus auf das Wesentliche. Es fanden sich Aussteller zu Medizintechnik, Digitalisierung, Nachhaltigkeit und enorm vielen Themen rund um Haus- und Betriebstechnik. Also zu Themen die man meist anfassen kann oder die durch Funktion einen Mehrwert bieten. Die Fachmesse in Gelsenkirchen ist zudem offen für neue und innovative Aussteller. All dies kam bei den praxisnahen Besuchern sehr gut an.

Eröffnung der Fachmesse und Fachtagung
Wie in den letzten Jahren üblich erfolgt die Eröffnung der Fachtagung und Fachmesse für Technik im Gesundheitswesen im laufenden Betrieb. Im Dreiklang und mit viel Humor leiteten Cord Brüning (WGKT), Horst Träger (FKT) und stellvertretend Frank Rothe (fbmt) die Veranstaltung ein. Es gab interessante Einblicke in künftige Vorhaben und einen wertschätzenden Blick auf neue und altbekannte Gesichter.

Vince Ebert als speaker bei Fachmesse Krankenhaus Technologie
Als ich während der Mitagspause kurz über den Flur lief kam er mir entgegen. Vince Ebert. Der Physiker, der mit Witz und Tiefgang Einblicke in unsere verrückte Welt gibt. Bekannt ist er aus der ARD-Reihe Wissen vor Acht.
Es war ein lustiger und dennoch fachlich genialer Vortrag, der neben zahlreichen Lachern auch zum Nachdenken anregte.

Frank Rothe über evidenzbasierte Instandhaltung VDI 5707
Mit Frank Rothe verfügt der fbmt über einen erfahrenen und international vernetzten Medizintechniker. Neben Klarstellungen zu Begriffen mahnte er zudem an, dass Verantwortliche alle Unterlagen zu Ihrem Gerätepark einfordern. Nur so lassen sich Wartungen und Prüfungen überwachen oder selbst durchführen. In der letzten Zeit kommt es verstärkt zu Insolvenzen im Bereich Medizintechnik. Wenn Hersteller verschwinden und Unterlagen zu Geräten fehlen, dann hat der Betreiber der Medizingeräte ein ernstes Problem.
Einen großen Fokus legt Frank Rothe vom Uniklinikum Heidelberg auf Evidenz und präventive Maßnahmen. Hierbei ist laut ihm stets auf Abwägung der Maßnahmen zu achten.
Hier eine kurze Auflistung von Stichpunkten zum Thema präventive Instandhaltung
- „uptime“ und Zuverlässigkeit erhöhen
- ungeplante Ausfälle verhindern
- teure Folgen vermeiden
- output optimieren
- gesetzliche Vorgaben einhalten
- Erhalt für lange Nutzungsdauer
- Sicherheit der Betriebs- und Funktionsfähigkeit
- Einhaltung der Herstellervorgaben

Einkäufer und Verantwortliche in der Pflicht
Ein wichtiger Hinweis von Herrn Rothe war, dass man als Einkäufer und Verantwortlicher bei Medizingeräten auf einen neuen Trend achten muss. Einige Hersteller tendieren zu einer schriftlichen Begrenzung der Nutzungsdauer. Während dies bei Einmalartikeln durchaus Sinn macht, kann dies bei langlebigen Wirtschaftsgütern teure Konsequenzen nach sich ziehen
In Bezug auf Evidenz verwies er auf Internationale Fachstimme, wie Binseng Wang aus den USA. Und Herrn Wang wird der fbmt im November 2024 in Göttingen begrüßen. Herr Rothe verfolgt unter anderem retrospektive Analysen um daraufhin Wartungsintervalle festzulegen. Dies erfolgt faktenbasiert über Kennzahlen.
Hierbei sind laut ihm folgende Themen wichtig:
- Ausfallhäufigkeit
- Absolute Kosten
- Instandhaltungskosten
Ebenso interessant war, dass in den Vereinigten Staaten seit 2012 keine periodische Elektroprüfung an low-risk Geräten durchgeführt wird, vergleichbar mit unseren DGUV-Prüfungen an nichtmedizinischen Geräten. Beweisen konnte man die Entscheidung anhand klarer Datenlage, wonach die meisten Fehler nicht elektrisch sondern bereits per Sicht geprüft werden können. Herr Rothe stelle auch die Frage, ob man durch zu viel Kontrolle funktioniernde Geräte vielleicht auch verschlechtert.

KI im klinischen Alltag
Als letzten Vortrag dieses Tages gaben Simone Schubert und Stefan Georgy vom Klinikum Ernst von Bergmann Einblick in KI. Frau Schubert ist Leitung für Projekt- und Prozessmanagement. Und Herr Georgy ist Chief Digital Officer. Beide Berufsbezeichnungen finden sich bisher im Gesundheitswesen sehr selten. Und so ergab sich neben den spannenden Einblicken in bereits umgesetzte Möglichkeiten auch der nüchterne Blick auf den Zustand in der deutschen Kliniklandschaft: Denn in den meisten Krankenhäusern wird KI bisher kaum eingesetzt. Oft scheitert es an Kapital, Bereitschaft und dem Wissen zu Möglichkeiten. Im internationalen Vergleich ordnete Herr Georgy Deutschland mit mehr als 10 Jahren Rückstand ein. Und im Vergleich zu Ländern, wie Schweden, Litauen oder Finnland sind die Rückstände in Deutschland dramatisch. Zugleich brachte Frau Schubert den Impuls, dass KI keine pauschale Lösung aller Probleme darstellt. Denn nach ihrer Erfahrung müssen zuerst Prozesse optimiert werden. Um danach KI sinnvoll einsetzen zu können.
Insgesamt war der Vortrag beeindruckend. Denn die beiden Referenten zeigten anhand praktischer Beispiele ganz klar, dass KI für Patienten und Beschäftigte zahlreiche Vorteile bietet. Und durch Engagement auch Skeptiker und konservative Entscheider zu Befürwortern dieser neuen Technik werden.

Gemeinsamer Abend in Gelsenkirchen
Am Abend trafen sich Teilnehmer, Referenten und Aussteller in Gelsenkirchen (NRW) zu einem Bayerischen Abend. Da ich aus dem Bundesland Bayern komme, musste ich über die kleinen 0,2L Gläser Bier schmunzeln. Ebenso über den Hinweis, dass Radi vegan ist. Aber zugleich war das Buffet reichlich und gelungen. Es war wirklich von Fleisch über glutenfrei bis vegan für alle Geschmäcker etwas dabei. Es entstanden fachlich spannende und auch viele humorvolle Gespräche.

Tag 2 Fachmesse und Fachtagung Krankenhaus Technik Gelsenkirchen 2024
Wilfried Schröter referierte über neue gesetzliche Vorgaben und steigende Risiken. Hierzu nahm er Bezug auf aktuelle Ereignisse, wie das misslungene Software-update nebst Stillstand unzählicher Computer. Herrn Schröter ist es wichtig, die Menschen im beruflichen Alltag mitzunehmen. Als gelernter Radio- und Fernsehtechniker kennt er sowohl noch die Zeit der Röhren. Als auch moderne Systeme in der Medizintechnik. Er ist Mitglied beim fbmt und setzt sich dafür ein, Vertrauen bei den Anwendern zu gewinnen, Geräte reparierbar und auch bezahlbar zu halten.

Workshop Netzrückwirkung
Direkt danach starteten Simon Tempelmeier und Christian Wiedemann von der KBR EnergyManagement GmbH einen faszinierenden Vortrag über Netzrückwirkungen. Deren Schwerpunkt ist die Messung der elektrischen Netzqualität. Und dabei bemerken sie seit Jahren einen Trend. Denn durch immer komplexere Verbraucher sinkt die Netzqualität. Ursache ist, dass sich die elektronischen Komponenten in Verbrauchern zunehmen kapazitiv verhalten.
Bei Inselbetrieb ändert sich die Netzqualität
Besonders interessant war, dass sich bei Inselbetrieb die Netzqualität ändert. Und wie durch fachliche Messung teils verrückte Störungen sichtbar werden. Hierzu zeigte Herr Wiedemann einerseits beeindruckende Beispiele aus dem Messalltag bei Kunden. Zugleich gaben beide Referenten Einblick zur Lösung von Problemen.

Elektrische Sicherheit in medizinisch genutzten Bereichen
Als Urgestein der Firma Bender gab Herr Gudelius Einblick in aktuelle Änderungen bei elektrischen Normen. Er ist aus meiner Sicht einer der top Wissensträger im Bereich Normung gerade bei speziellen industriellen und medizinischen Bereichen.

Der Nachmittag von Tag 2 verlief anders als geplant.
Während der Mittagspause entschloss ich mich, das gute Wetter für einen Spazierganz zu nutzen. Das Gelände um den Wissenschaftspark Gelsenkirchen hat einen dramatischen Strukturwandel hinter sich. Dieser begann in den 1960er Jahren und nahm seinen Höhepunkt 1984 mit dem Ende des Betriebes der Stahlzeche. Zahlreiche alte Gebäude und Info-Tafeln erzählen im Umkreis von dieser Geschichte.

Umweg zur Industriedenkmal Himmelsleiter
So machte ich mich auf zur Himmelstreppe an der Halde Rheinelbe. Doch den Weg dahin habe ich unterschätzt. Zumal ich zu Fuß einen Umweg bis ins nahegelegene Bochum nahm und den Berg von der falschen Seite anging. Doch auf diesem Weg sah ich die Kontraste noch stärker. Ich ging an mondänen Häusern einst stolzer Betriebe vorbei. Die es irgendwie geschafft haben eine neue Nutzung zu erhalten. Und lief an Wohnhäusern vorbei, deren Ursprung im starken Zuzug an Menschen liegt, als in Gelsenkirchen massenweise Arbeitsplätze durch Kohle und Stahl entsanden sind. Auf der Himmelsleiter erhält man einen beeindruckenden Blick in alle Richtungen. Entfernt sind Fördertürme, Kraftwerke und große Industrieanlagen zu sehen.

Die Zeit nach dem industriellen Umbruch
Zu Füßen des Berges wird derzeit ein sehr großes Sportzentrum neu errichtet. Und der Blick auf Gelsenkirchen ist weder trostlos noch grau, wie ich bisher annahm. Denn viele, einstige Flächen des Bergbaus und der Industrie wurden der Natur überlassen oder neu zeitgemäß genutzt. Bäume und Natur erobern sich viele der einst industriell genutzten Bereiche zurück. Beim Weg zurück finde ich den direkten Weg zum Wissenschaftspark über den Skulpturenwald. Immer wieder finde ich dort Kunstwerke oder Gebäude, die an Zeiten des Umbruchs erinneren. Und zuletzt laufe ich an neugebauten Hallen von kleinen und mittelständischen Unternehmen vorbei. Ebenso wie an einem Kindergarten, der sich in einem gut erhaltenen Backsteinhaus befindet. Liebevolle Betreuer kümmern sich um die kleinen Menschen. Und Eltern schleifen Möbel für den Innenbereich im strahlendem Sonnenschein. Ein Stück heile Welt inmitten einer knallharten Geschichte.

Vorbild für das Gesundheitswesen?
Ich denke nach und erkenne, dass wir uns im Gesundheitswesen in ähnlicher Zeit befinden, wie einst Gelsenkirchen. Es wird zu dramtischen Veränderungen kommen. Vielleicht sogar zu manchem Niedergang. Doch in neuen Zeiten stecken neue Chancen. Als ich den Wissenschaftspark wieder erreiche, packen die Aussteller gerade zusammen. Ich setze mich noch zu einem kurzen Gespräch mit Mitgliedern des fbmt.

Ob wir beim nächsten mal in Gelsenkirchen wieder dabei sind? Für mich ein klarer Fall. Denn für Fachkräfte aus dem Bereich Betriebs- und Medizintechnik ist die Reise nach Gelsenkirchen ein Muss. Neben erfahrenen und innovativen Fachleuten treffen sich dort Menschen, die gemeinsame Ziele und Werte haben. Und das ist es letztlich, was auch in schwierigen Zeiten Zusammenhalt für gemeinsame Ziele ermöglicht.
